Rückzug mit Ansage: Unicredit lässt BPM-Übernahme platzen

Unicredit stoppt überraschend die Übernahme von Banco BPM – wegen überzogener Auflagen der Regierung. Das zweite Großprojekt nach der Commerzbank stockt. Italiens "Golden Power"-Gesetz zeigt sich als wachsender Bremsklotz im europäischen Bankensektor.

Anja Amend

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Anja Amend

Veröffentlicht am

31.7.25

um

8:10

Uhr

Rückzug mit Ansage: Unicredit lässt BPM-Übernahme platzen

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Unicredit

Die Konsolidierung des italienischen Bankensektors war das erklärte Ziel. Doch ausgerechnet die Nummer zwei im Land, Unicredit, scheitert nun krachend – und zwar im eigenen Wohnzimmer. Die angestrebte Übernahme von Banco BPM, Italiens drittgrößter Bank, wurde am Dienstagabend offiziell abgeblasen. Der Grund: zu hohe staatliche Auflagen, gestützt auf das umstrittene „Golden Power“-Gesetz der Regierung Meloni.

Für Unicredit ein Dämpfer mit Symbolkraft – nicht nur wegen des Rückzugs selbst, sondern wegen des Signals an den europäischen Kapitalmarkt: Die politischen Spielregeln in Italien sind unberechenbar geworden.

Auflagen ohne wirtschaftliche Logik?

Was die Regierung in Rom forderte, mutet eher nach industriepolitischer Einmischung als nach pragmatischer Aufsicht an. So sollte Unicredit nach der Übernahme bestimmte Kennzahlen bei Krediten und Einlagen beibehalten, auf unbestimmte Zeit. Der hauseigene Vermögensverwalter Anima sollte keine italienischen Staatsanleihen verkaufen dürfen, zudem wurde ein schneller Rückzug aus dem Russland-Geschäft verlangt. Die Sanktionsdrohung bei Regelverstößen: mehrere Milliarden Euro.

Unicredit-Chef Andrea Orcel sprach in der Mitteilung von einer verpassten Chance – nicht nur für BPM, sondern auch für Italiens Wirtschaft. Was bleibt, ist der Eindruck eines Staates, der seine Banken lieber kontrolliert als stärkt.

Auch die Commerzbank bleibt ein Fass ohne Boden

Nach dem geplatzten BPM-Deal bleibt Orcel nur noch sein zweites Expansionsprojekt: die Beteiligung an der Commerzbank. Doch auch hier geht wenig voran. Zwar ist Unicredit inzwischen größter Aktionär, doch die Bundesregierung steht einer Übernahme ablehnend gegenüber – zumindest bisher.

Dass Unicredit also in zwei der wichtigsten europäischen Bankenmärkte keine Fortschritte macht, lässt Fragen aufkommen: Wie ernst meint es Europa mit einem grenzüberschreitenden Bankenmarkt? Und wie lange kann sich Unicredit zwei halbherzige Expansionsprojekte leisten?

Gesetz mit Sprengkraft: Golden Power als Deal-Killer

Besonders brisant: Die EU-Kommission hatte zuletzt in einem Schreiben an die italienische Regierung deutliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der „Golden Power“-Vorschriften geäußert – zu vage, zu willkürlich, möglicherweise sogar EU-rechtswidrig. Auch vor einem italienischen Gericht konnte Unicredit bereits einen Teilerfolg erzielen.

Doch all das kam zu spät. Der Aktienumtausch, auf dem das Übernahmeangebot basierte, lief bereits, das Misstrauen bei den BPM-Aktionären war groß – auch weil Großaktionär Crédit Agricole nicht mitziehen wollte und stattdessen die eigenen Anteile aufstockt.

Ein Rückschlag mit Ansage

Italien beklagt seit Jahren die fehlende Konsolidierung im Bankensektor – und macht sie gleichzeitig politisch unmöglich. Der Rückzug Unicredits ist nicht nur ein gescheitertes Übernahmevorhaben, sondern auch ein Warnsignal an internationale Investoren: Wer in Italien wachsen will, braucht nicht nur Kapital – sondern auch Geduld, Einfluss und ein dickes Fell.

Andrea Orcel dürfte seinen strategischen Fokus nun neu ausrichten müssen. Der Ruf nach einem konsolidierten, starken europäischen Bankenmarkt bleibt einstweilen ein Lippenbekenntnis – besonders in Rom.

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