Studie zeigt: Erben bleibt ein Tabuthema – selbst für Vermögende

Eine Studie der Quirin Privatbank zeigt: Jeder dritte Deutsche verdrängt das Thema Erben und Vererben – selbst viele 50+. Emotionen wie Trauer, Angst und Tabus hemmen die Auseinandersetzung. Frühzeitige Gespräche bleiben die Ausnahme – sind aber dringend nötig.

Dominik Amend

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Dominik Amend

Veröffentlicht am

31.7.25

um

15:53

Uhr

Studie zeigt: Erben bleibt ein Tabuthema – selbst für Vermögende

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Quirin Privatbank

Eine aktuelle Studie der Quirin Privatbank offenbart überraschende Erkenntnisse rund um das Thema Erben und Vererben. Trotz wachsender Vermögen und zunehmender gesellschaftlicher Offenheit bleibt der Umgang mit dem eigenen Nachlass für viele Deutsche ein sensibles, oft verdrängtes Thema – emotional wie organisatorisch.

Während Dankbarkeit und Fürsorge mit dem Gedanken an Erbschaften assoziiert werden, hemmen Trauer, Tod und Konfliktpotenzial nach wie vor einen offenen Austausch in vielen Familien. Die Zahlen zeigen: Es wird zu wenig gesprochen – und oft zu spät gehandelt.

Emotionen zwischen Dankbarkeit und Angst

Laut der von puls Marktforschung durchgeführten Befragung unter 2.668 Personen dominieren beim Thema Erbschaft zunächst neutrale (55 %) oder gemischte Gefühle. Nur 21 % erleben das Thema positiv – insbesondere jene, die bereits geerbt haben oder mit einem größeren Erbe rechnen. Auffällig: Schenkungen werden deutlich positiver wahrgenommen (61 %) als das Erben selbst (41 %).

Die häufigsten Emotionen beim Erben sind Dankbarkeit (61 %), aber auch Traurigkeit (44 %) und die Angst vor dem Tod (27 %). Beim Vererben überwiegt das Gefühl, „für die Nachkommen gesorgt zu haben“ (45 %), ebenfalls begleitet von Dankbarkeit und ebenfalls von Todesangst. Frauen empfinden dabei insgesamt emotionaler als Männer.

Gesprächsbereitschaft? Eher verhalten

Die wohl deutlichste Erkenntnis der Studie: Jeder dritte Deutsche schiebt das Thema auf die lange Bank. Selbst in der Altersgruppe 50+ sind es – bereinigt um jene, die es „noch nicht betrifft“ – knapp 40 %, die das Thema aktiv verdrängen. In Städten wie München (44 %) ist die Aufschieberate besonders hoch, in Hamburg (19 %) besonders niedrig.

Auch die Kommunikation in Familien zeigt Luft nach oben: Nur 56 % haben innerhalb ihrer Familie bereits über Erbschaften gesprochen, nur ein Drittel spricht mit Geschwistern. Die Gespräche, die stattfinden, verlaufen laut Befragten zwar meist konstruktiv, doch sie bleiben die Ausnahme.

77 % der Deutschen sind der Meinung, dass die Gesprächsinitiative vom Erblasser ausgehen sollte. Dass dies in der Praxis selten passiert, wissen viele – und erkennen: Auch potenzielle Erben sollten das Thema behutsam, aber aktiv anstoßen.

Motivationen und Barrieren – was treibt an, was hält ab?

Die stärkste Motivation, sich mit dem Thema zu befassen, ist die Vermeidung familiärer Konflikte (55 %), beim Vererben zudem das Bedürfnis, selbst gestalten und entscheiden zu können (51 %). Die größte Hürde bleibt die emotionale: Über 60 % der Befragten nennen die Auseinandersetzung mit dem Tod als zentralen Hemmfaktor. Jeder dritte hält das Thema für ein gesellschaftliches Tabu – in Hamburg sogar 37 %, in Frankfurt nur 15 %.

Konflikte sind reale Gefahr – und oft vermeidbar

Fast zwei Drittel der Befragten befürchten Konflikte innerhalb der Familie – vor allem durch ungleiche Verteilung, fehlende Testamente und Streit um persönliche Gegenstände. Besonders bemerkenswert: Wer bereits Gespräche geführt hat, fürchtet Konflikte häufiger als jene, die das Thema noch ausgespart haben. Offenbar steigt mit wachsender Auseinandersetzung auch das Bewusstsein für mögliche Spannungen.

Der Wunsch, etwas zu vererben, ist seit 2017 deutlich zurückgegangen – von 50 % auf knapp ein Drittel. Auch die Zahl der tatsächlichen Erben sinkt leicht. In München hat bereits jeder Zweite geerbt, in Berlin hingegen nur jeder Fünfte.

Fazit: Emotionen ernst nehmen, Verantwortung übernehmen

Die Ergebnisse machen deutlich: Erben und Vererben sind mehr als juristische oder steuerliche Angelegenheiten. Sie sind emotionale Prozesse, die häufig unterschätzt und zu selten besprochen werden. Dabei liegen die Vorteile frühzeitiger Planung auf der Hand: steuerliche Optimierung, klare Verhältnisse, vermiedene Streitigkeiten.

Susanne Steinmann, Head of Solutions der Quirin Privatbank, bringt es auf den Punkt:

„Es gibt zwar nicht den einen richtigen Zeitpunkt, aber spätestens mit 50 ist es allerhöchste Zeit, diese Themen anzugehen.“

Ein Gespräch heute kann morgen viel ersparen – emotional wie finanziell.

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