Julius-Bär-Chef Stefan Bollinger verschärft den Sparkurs deutlich – plant jedoch gleichzeitig eine kräftige Expansion bei den Beratern. Ein ambitionierter Spagat zwischen Kostendisziplin und Wachstum.
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Julius Bär | Zürich
Stefan Bollinger ist seit Januar erst wenige Monate als CEO der Schweizer Privatbank Julius Bär im Amt – und doch hat er bereits eine klare Botschaft an seine Mitarbeiter und Aktionäre gesandt: Der Sparkurs, den er zum Amtsantritt begonnen hat, wird nun nochmals verschärft. Doch gleichzeitig setzt die Bank auf den Ausbau der Beraterteams, um trotz harter Kostendisziplin Wachstum sicherzustellen. Ein Spagat, der durchaus provokant wirkt.
Insgesamt will die Privatbank bis zum Jahr 2028 zusätzliche 130 Millionen Franken einsparen, wie Bollinger am Dienstag anlässlich eines Investorentages bekannt gab. Bereits zu Jahresbeginn hatte das Geldhaus Einsparungen von 110 Millionen Franken für 2024 angekündigt. Diese Vorgabe soll sogar um 20 Millionen Franken übertroffen werden. Unter dem Strich beläuft sich das angestrebte Sparvolumen für den Zeitraum von 2025 bis 2028 auf stolze 260 Millionen Franken.
Die entscheidende Frage bleibt jedoch vorerst offen: Wie genau sehen die Einsparungen aus? Von Julius Bär heißt es, dass vor allem bei Sachkosten der Rotstift angesetzt werden soll. Ob dabei auch Stellen wegfallen, kommentiert die Bank derzeit nicht. Dabei wären weitere Jobverluste angesichts der bereits angekündigten Streichung von 400 Stellen durchaus heikel.
Interessant wird die Zielsetzung bei der Aufwand-Ertragsquote: Diese will die Privatbank bis 2028 auf unter 67 Prozent senken. Aktuell liegt sie bei 70,9 Prozent (2024). Verglichen mit dem bisherigen mittelfristigen Ziel von unter 64 Prozent wirkt das neue Sparziel jedoch weniger ambitioniert als zuvor. Ein kleines Eingeständnis von Bollinger, dass auch bei ihm das Sparpotenzial nicht unbegrenzt ist?
Umso bemerkenswerter ist der zweite strategische Pfeiler: Julius Bär möchte nämlich gleichzeitig wachsen – und zwar deutlich. Die Bank plant, jährlich rund 150 neue Kundenberater einzustellen, um das Neugeldwachstum bis 2028 auf jährlich vier bis fünf Prozent des Bestandes zu steigern. 2024 betrug dieser Wert lediglich 3,3 Prozent. Ende vergangenen Jahres waren bei Julius Bär 1380 Kundenberater beschäftigt – hier wird also massiv investiert. Damit wird Bollinger zu einer Gratwanderung gezwungen: knallharte Kostensenkungen einerseits und ambitionierte Wachstumsziele andererseits.
Die verschärfte Kostendisziplin kommt indes nicht überraschend, betrachtet man die Altlasten, die Bollinger von seinem Vorgänger Philipp Rickenbacher geerbt hat. Anfang 2024 musste Julius Bär Netto-Kreditverluste von gewaltigen 606 Millionen Franken verkraften – verursacht hauptsächlich durch die Insolvenz der österreichischen Immobiliengruppe Signa, an der René Benko beteiligt war. Julius Bär gehörte zu den wichtigsten Kreditgebern des Tiroler Investors. Als Konsequenz verlor nicht nur Rickenbacher seinen Posten, sondern kurz darauf auch Verwaltungsratspräsident Romeo Lacher.
Noch vor wenigen Wochen hatte Bollinger daher weitere Wertberichtigungen auf Hypotheken und andere Kredite in Höhe von 130 Millionen Franken angekündigt. Offenbar ist das Ende der Aufräumarbeiten in der Kreditabteilung noch nicht in Sicht.
Für Bollinger ist klar: Er will Julius Bär wieder auf stabilen Kurs bringen – koste es, was es wolle. Ob die parallele Strategie, einerseits massiv zu sparen und andererseits kräftig zu expandieren, aufgehen wird, bleibt abzuwarten. Der Balanceakt, Wachstum und Kostendisziplin zu vereinen, ist bekanntermaßen anspruchsvoll und birgt Risiken.
Für Aktionäre und Kunden bleibt die spannende Frage, ob die Bank diesen Spagat langfristig meistern wird – oder ob die Maßnahmen, die zunächst Vertrauen schaffen sollen, auf Dauer neue Probleme hervorrufen könnten.
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