Das Bundeskabinett beschließt eine Reform der privaten Altersvorsorge und die Einführung der Frühstartrente. Die Riester-Rente soll abgelöst, Kosten gesenkt und Kapitalmarktchancen ausgeweitet werden – Versicherer und Verbraucherschützer fordern jedoch Nachbesserungen.

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Bundesregierung | Sandra Steins
Nach den jüngsten Weichenstellungen bei der gesetzlichen und betrieblichen Altersvorsorge nimmt die Bundesregierung nun die freiwillige private Vorsorge in den Fokus. Das Kabinett hat eine Reform der steuerlich geförderten privaten Altersvorsorge beschlossen, mit der die bisherige Riester-Rente abgelöst werden soll. Ergänzend verabschiedete die Regierung Eckpunkte für eine sogenannte Frühstartrente, die Kindern und Jugendlichen frühzeitig Kapital für den Vermögensaufbau bereitstellen soll.
Beide Vorhaben sollen nach dem Willen der Koalition im Januar 2027 starten. Die Frühstartrente soll rückwirkend bereits ab dem 1. Januar 2026 gelten.
Aus Sicht des Bundesfinanzministeriums ist die Riester-Rente in ihrer bisherigen Form nicht mehr zeitgemäß. Sie sei zu komplex und werde von zu wenigen Menschen genutzt. Die geplante Reform setzt daher auf Vereinfachung, geringere Kosten und mehr Flexibilität. „Die Wahlfreiheit für die Bürgerinnen und Bürger wird größer, aber insgesamt wird für alle die private Altersvorsorge kostengünstiger“, erklärte Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD).
Kernstück der Reform ist ein staatlich gefördertes Standardprodukt mit einem Kostendeckel von 1,5 Prozent. Vorgesehen ist zudem eine höhere Grundzulage, die proportional mit den eingezahlten Beiträgen steigen soll. Bei der Kapitalanlage will die Bundesregierung mehr Spielraum schaffen: Neben Produkten mit Garantien von 80 oder 100 Prozent der eingezahlten Beiträge soll es auch reine Depotlösungen ohne Garantievorgaben geben. Damit rücken renditestärkere, kapitalmarktorientierte Ansätze stärker in den Mittelpunkt.
Zusätzlich plant die Koalition die Einführung einer Frühstartrente. Für Kinder und Jugendliche im Alter von sechs bis 18 Jahren soll ein Altersvorsorgedepot eingerichtet werden, das monatlich mit zehn Euro aus staatlichen Mitteln bespart wird. Nach Schätzung des Finanzministers belaufen sich die jährlichen Kosten hierfür auf rund eine Milliarde Euro.
Ziel ist es, frühzeitig Kapital aufzubauen und junge Menschen an langfristiges Sparen heranzuführen. Die Regierung erhofft sich davon nicht nur höhere Vermögen im Alter, sondern auch mehr Finanzbildung und ein stärkeres Bewusstsein für private Vorsorge.
Die Reaktionen auf die Beschlüsse fallen gemischt aus. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) sieht zwar „gute Ansätze“, fordert aber Nachbesserungen. Die Begrenzung auf lediglich drei Garantiestufen – null, 80 oder 100 Prozent – sei zu starr und müsse flexibler gestaltet werden. Zudem müsse sichergestellt werden, dass bei einem Anbieterwechsel keine doppelten Abschlusskosten anfallen.
Auch Verbraucherschützer äußern Bedenken. Der Verbraucherzentrale Bundesverband warnt davor, dass trotz eines Standardprodukts am Ende vor allem klassische Rentenversicherungen vertrieben werden könnten. Es fehle weiterhin ein wirklich einfacher und sicherer Zugang zu günstigen Vorsorgeprodukten für alle Bevölkerungsschichten.
Noch schärfer fällt die Kritik der Grünen aus. Sie sehen Parallelen zur gescheiterten Riester-Rente und halten selbst den geplanten Kostendeckel von 1,5 Prozent für zu hoch. Rentenexperte Stefan Schmidt bemängelt zudem, dass die Bundesregierung auf eine automatische Einbeziehung verzichte. Während Länder wie Schweden oder Großbritannien auf verpflichtende oder automatische Modelle setzen, bleibe die private Vorsorge in Deutschland freiwillig – mit der Folge, dass insbesondere Menschen mit niedrigen Einkommen weiterhin kaum erreicht würden.
Mit dem Kabinettsbeschluss ist der Reformprozess nicht abgeschlossen. In den kommenden Monaten wird sich das parlamentarische Verfahren daran messen lassen müssen, ob die neuen Modelle tatsächlich einfacher, günstiger und breiter nutzbar werden. Die Richtung ist vorgegeben: mehr Kapitalmarkt, weniger Komplexität. Ob die private Altersvorsorge damit aus ihrer Akzeptanzkrise findet, dürfte entscheidend davon abhängen, wie flexibel und verbraucherfreundlich die finalen Regelungen ausfallen.

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