Nach dem Zinsschock bleibt der Immobilienmarkt 2026 herausfordernd: Experten erwarten keine schnelle Erholung, sehen aber Chancen für langfristige Investoren – vor allem durch Bestandsentwicklung, Qualität und selektive Einstiege.

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Der Zinsschock 2022/23 war wie ein Erdbeben für die Immobilienmärkte. Seither hat sich die Lage auf niedrigem Niveau weitgehend stabilisiert. Von einer Rückkehr zum Status quo ante ist allerdings keine Spur. Und während sich manche Teilbereiche langsam erholen, sieht es für andere weiterhin düster aus. Was ist jetzt im neuen Jahr zu erwarten? Und wie könnten erfolgversprechende Strategien für ein nach wie vor herausforderndes Umfeld aussehen?
Für Stefan Claus, CEO von BEB+, ist klar: „Hoffnung ist keine Strategie.“ Auch wenn die Lage inzwischen deutlich stabiler als noch vor zwei Jahren sei, würden sich die Herausforderungen im Wohnungs- und Neubausektor nicht von allein lösen. Bei dem Unternehmen, das einst aus der BEB Berliner Eigenheimbau hervorgegangen ist und sich heute als Immobilien-Rundumdienstleister mit Schwerpunkt Wohnimmobilien versteht, ist man überzeugt:
„2026 wird das Jahr Bestandsentwicklung.“ Energieeffizienz, Sanierung und Kostenoptimierung seien die passenden Hebel, während der Neubau durch „hohe Kosten, undurchsichtige Vorgaben und fehlende Förderung“ weiter unter Druck stehe, so Stefan Claus. „Die Nachfrage ist im Wohnsegment ist da, gerade in Metropolen wie Berlin ist der Markt lebendig.“
Für den Wohninvestmentmarkt blickt Jürgen Michael Schick „hoffnungsfroh ins neue Jahr“. Im Neubau mahlten die Mühlen zwar noch langsam, der Tiefpunkt sei aber durchschritten, so der Geschäftsführer von Schick Immobilien, einem Wohnimmobilien-Investmentmakler aus Berlin. Sein Optimismus ist durchaus auch dem Gesetzgeber geschuldet: „Schlanke Landesbauordnungen wie Berlins ‚Schneller Bauen Gesetz‘, der sogenannte Bau-Turbo und die Förderung von EH-55-Gebäuden sind wichtige Weichenstellungen, damit die Neubauzahlen wieder langsam ansteigen werden.“
Hinzu kommt aus Schicks Sicht das Preisniveau auf dem Wohninvestmentmarkt: Für Mehrfamilienhäuser lägen die Preise in den A-Städten etwa beim 24-Fachen der Jahresnettokaltmiete – und damit um acht bis neun Jahresmieten unter dem Niveau von 2021.
„Oder anders formuliert: Heute kosten A-Städte so viel wie C-Städte im Jahr 2021. Für viele Käufer ist das ein (Wieder-) Einstiegsmarkt.“
Zudem träfen sich Käufer und Verkäufer wieder auf Augenhöhe, es kämen wieder attraktive Kaufgelegenheiten auf den Markt. Für langjährige Eigentümer hätten sich nach zehn, 15 oder 20 Jahren die Bestände immer noch im Wert verdoppelt, verdrei- oder vervierfacht, und das nach zehn Jahren steuerfrei. Deshalb fänden Käufer realistische Einstiegskonditionen vor. Und: Die Zinsen würden kaum weiter sinken. „Es gibt also keinen Grund zu warten.“
In Bezug auf Wohnimmobilien ist Ulrich Haeselbarth, Vorstand bei HanseMerkur Grundvermögen, skeptischer – insbesondere für den Wohnungsneubau, der in Deutschland unter enormem Druck stehe:
„Damit institutionelle Investoren in den Neubau zurückkehren, benötigen sie in der Regel Nettocashflow-Renditen von mehr als vier Prozent. Diese Schwelle ist aktuell zumeist schwer zu erreichen – selbst bei leicht gesunkenen Grundstückspreisen.“
Der Immobilien-Investment-Arm der HanseMerkur-Versicherungsgruppe setzt vor allem auf Premium-Büroimmobilien in Top-Innenstadtlagen. „Die hohen Ansprüche von Unternehmen, die neue Arbeitskonzepte umsetzen und flexible Flächen bevorzugen, sichern entsprechenden Objekten langfristig eine gute Perspektive. Dass die Spitzenmieten in den Top-7-Städten trotz wachsender Leerstände weiter steigen, ist ein klares Signal. Periphere Lagen haben es hingegen schwer“, so Ulrich Haeselbarth.
Auch der Immobilien-Asset- und -Portfolio-Manager Imaxxam setzt eher auf gewerbliche, aber auch gemischt genutzte Immobilientypen, „die unserer Meinung nach fundamental wichtig sind und nachgefragt werden“, sagt Imaxxam-Geschäftsführer Christoph Geißler. „Darunter fallen Büros, die in den vergangenen Jahren sehr gebeutelt waren und demnach mehr Potenzial für Erholung bieten könnten als etwa Wohnen.“ Auch Imaxxam setzt dabei ausschließlich auf hohe Flächenqualität in ausgezeichneten Lagen, beschränkt sich aber im Unterschied zu anderen Asset-Managern nicht auf die A-Städte: So haben die Frankfurter mit Wurzeln in Mittelhessen durchaus auch Objekte in kleineren Mittelstädten im Portfolio, zum Beispiel im erweiterten Speckgürtel Frankfurts.
Von einem „Comeback der Immobilienmärkte“ zu sprechen, hält Christoph Geißler für „derzeit verfrüht“. Aus langfristiger Perspektive jedoch stimmt auch ihn das aktuelle Preisniveau zuversichtlich, „das insbesondere im Bürosegment attraktive Einstiegsmöglichkeiten bietet“ – vorausgesetzt, Lage- und Flächenqualität stimmen. Er rät prinzipiell dazu, „Ruhe zu bewahren, einen langen Anlagehorizont mitzubringen und Optionen genau zu prüfen.“ Nicht jedes vermeintlich günstige Objekt sei auch sofort ein gutes Objekt. „Auf lange Sicht erwarten wir einen neuen Zyklus, dieser wird aber 2026 noch nicht volle Fahrt aufnehmen.“
Ähnlich sieht es auch Stephan Claus von BEB+:
„Beim Büro wird sich die Spreizung weiter verschärfen. Energetisch starke Objekte mit moderner Ausstattung in guten Lagen funktionieren, der Rest hat es schwer. Die strukturellen Probleme lösen sich nicht von allein.“
Seiner Ansicht nach wird 2026 „ein Jahr für langfristige Anleger. Es geht um Qualität, nicht um schnelle Preisgewinne. Gleichzeitig entstehen selektiv Chancen, weil manche Investoren Liquidität brauchen.“
Es scheint also, als bräuchten Immobilieninvestoren auch 2026 noch einen langen Atem – und eine gute Strategie. Die Flut, die wie vor 2022 fast alle Boote anhebt, lässt weiter auf sich warten. Doch gerade jetzt könnte es sich demnach lohnen, mit etwas Geduld auf das richtige Boot zu setzen oder es wieder seetüchtig zu machen. Anders ausgedrückt: Die Rückkehr eines breiten Immobilienbooms wie in den späten 2010er Jahren wird so schnell nicht kommen. Zweckoptimismus führt nicht weiter. Trotzdem bietet der Markt 2026 vor allem langfristig orientierten Investoren reelle Chancen.

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