HSBC wagt milliardenschwere Privatisierung: Hang Seng Bank soll von der Börse verschwinden

HSBC will ihre Tochter Hang Seng Bank für über 37 Milliarden US-Dollar privatisieren. Während die Aktie in Hongkong um fast 30 Prozent steigt, wächst die Sorge über Risiken im Immobiliensektor – und über HSBCs zunehmende Abhängigkeit vom Asiengeschäft.

Anja Amend

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Anja Amend

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9.10.25

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14:16

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HSBC wagt milliardenschwere Privatisierung: Hang Seng Bank soll von der Börse verschwinden

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HSBC

Mit einem Paukenschlag kehrt die britische Großbank HSBC an die Spitze der Schlagzeilen zurück: Sie will ihre traditionsreiche Tochter Hang Seng Bank vollständig übernehmen und von der Börse nehmen.

Das Angebot hat den Markt elektrisiert – die Aktie der Hang Seng Bank schoss in Hongkong zeitweise um fast 30 Prozent nach oben, während die HSBC-Papiere gleichzeitig kräftig verloren. Die Transaktion, die das Institut mit mehr als 37 Milliarden US-Dollar bewertet, soll den Einfluss der Mutterbank im asiatischen Kernmarkt stärken und Doppelstrukturen beseitigen. Für die Minderheitsaktionäre ist das Offert von 155 Hongkong-Dollar je Aktie – ein Aufschlag von rund einem Drittel auf den Durchschnittskurs – kaum zu überbieten.

Doch während Investoren feiern, wächst in London und Hongkong die Skepsis. Der Schritt könnte HSBCs Kapitalpuffer belasten, und die Risiken im angeschlagenen Immobiliensektor werfen Fragen auf. Der Anteil notleidender Kredite bei Hang Seng ist zuletzt auf 6,69 Prozent gestiegen – ein Signal, dass die Ertragskraft unter Druck bleibt.

Strategischer Rückhalt für den wichtigsten Brückenkopf

Für Konzernchef Georges Elhedery ist der Schritt dennoch konsequent. Hongkong bleibt die „Herz-Lunge“ der HSBC, das Nadelöhr zwischen internationalen Investoren und dem chinesischen Kapitalmarkt. Durch die vollständige Integration kann die Bank ihre regionalen Stärken besser bündeln – und Synergien bei Technologie, Produktentwicklung und Risikosteuerung heben. Offiziell soll die Hang Seng Bank ihre Marke und Eigenständigkeit behalten, faktisch aber enger in die Strukturen der Mutter eingebunden werden.

Die Übernahme ist auch ein symbolisches Bekenntnis zur Sonderverwaltungszone, deren Rolle als internationaler Finanzplatz unter dem Druck geopolitischer Spannungen steht. Beobachter sprechen von einem Balanceakt zwischen strategischem Pragmatismus und politischem Kalkül – denn HSBC bewegt sich seit Jahren im Spannungsfeld zwischen westlichen Regulatoren und chinesischen Interessen.

Governance-Fragen und Märkte im Umbruch

Die geplante Privatisierung beseitigt eine seit Langem kritisierte Doppelstruktur: Mutter und Tochter konkurrierten teils um dieselben Kundengruppen, was interne Abstimmungen und regulatorische Transparenz erschwerte. Gleichzeitig schafft der Rückzug neue Abhängigkeiten – sowohl bilanziell als auch reputativ. Sollte sich die Krise im chinesischen Immobiliensektor verschärfen, dürfte das Risiko direkt auf die Bilanz der HSBC durchschlagen.

Analysten sehen den Schritt dennoch als Signal für den langfristigen Umbau der Großbank hin zu einem klar asiatisch dominierten Geschäftsmodell. Europa und Nordamerika verlieren weiter an Bedeutung, während Hongkong und China zum operativen Schwerpunkt werden. Ob der Plan auf langfristige Stabilität oder auf kurzfristige Marktberuhigung zielt, dürfte sich zeigen, sobald die Aufsichtsbehörden das Vorhaben prüfen – und der Aufwärtstrend am Hang Seng auf Realität trifft.

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