Zwei Wege, ein Ziel: Infrastruktur-Investments für Privatanleger

Infrastruktur wird zum großen Anlagethema. Inzwischen stehen auch für Privatanleger geeignete Investmentstrukturen zur Verfügung: Der europäische Eltif fasst seit seiner Neuauflage langsam Tritt, während es in Deutschland ja noch das Infrastruktur-Sondervermögen gibt. Wo sind die Unterschiede – und was ist besser?

Jan Döhler

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Jan Döhler

Veröffentlicht am

19.9.25

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14:37

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Zwei Wege, ein Ziel: Infrastruktur-Investments für Privatanleger

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Infrastruktur wird zum großen Anlagethema. Inzwischen stehen auch für Privatanleger geeignete Investmentstrukturen zur Verfügung: Der europäische Eltif fasst seit seiner Neuauflage langsam Tritt, während es in Deutschland ja noch das Infrastruktur-Sondervermögen gibt. Wo sind die Unterschiede – und was ist besser?

Infrastruktur ist zurzeit ein omnipräsentes Thema. Ob bröckelnde Schulgebäude, marode Brücken oder die chronisch verspätete Bahn – der Tenor ist überall eindeutig: mehr Geld für die Infrastruktur tut not. Die Bundesregierung will deshalb in den kommenden Jahren 500 Milliarden Euro zusätzlich zum regulären Bundeshaushalt in Infrastruktur und Klimaschutz pumpen. Ob allein fehlendes Geld die Ursache für die vielen Engpässe ist, sei einmal dahingestellt. Überbordende Bürokratie, Fehlplanungen und systemische Fehlanreize tragen wohl auch ihren Teil dazu bei.

Doch die breite Diskussion übersieht oft, dass auch privates Kapital für dringend benötigte Investitionen in Infrastruktur gefragt ist – welches dabei durchaus effizienter vorgeht als der Fiskus, weil betriebswirtschaftliche Überlegungen naturgemäß eine größere Rolle spielen: Das Ganze soll sich ja auch rentieren. Auf institutioneller Ebene gab es vor allem im vergangenen Jahr einige aufsehenerregende Transaktionen, etwa die Übernahme der Global Infrastructure Partners (GIP) durch Blackrock, oder – um in Deutschland zu bleiben – die Mehrheitsübernahme von Aquila Capital durch die Commerzbank.

Doch auch Privatanlegern hat sich in den vergangenen Jahren die Tür zu Infrastruktur-Investments immer weiter geöffnet: Zunächst der europäische und dann auch der deutsche Gesetzgeber haben neue Vehikel als passende Rahmen für Investments in illiquide Sachwerte wie Infrastruktur und Erneuerbare Energien geschaffen. Die Rede ist vom European Long-Term Investment Fund (Eltif), der inzwischen einer grundlegenden Revision unterzogen wurde, sowie vom Offenen Infrastruktur-Sondervermögen, welches die Bundesregierung 2021 eingeführt hat.

Anleger stehen nunmehr vor der Qual der Wahl – nicht nur was die Anbieter und ihre konkreten Produkte betrifft, sondern auch die Fondsstrukturen. Selbst Produktinitiatoren müssen jetzt genau überlegen, welchen Rahmen für ihre geplanten Anlageprodukte am besten passen. Eltif oder Sondervermögen – was ist besser?

Als der Eltif in seiner Urform 2015 eingeführt wurde, waren die Erwartungen groß: ein semi-offener Fonds, der in illiquide Sachwerte investieren und europaweit vertrieben werden durfte. Doch zumindest im Retailgeschäft war der Erfolg verhalten. Der große Durchbruch als Investmentvehikel für alternative Investments in Infrastruktur oder Erneuerbare blieb aus. Vor allem die Mindestzeichnungssumme von 10.000 Euro erwies sich – neben relativ unflexiblen Strukturierungsvorgaben – als Bremsklotz.

Davon gibt es jedoch eine große Ausnahme: der 2020 aufgelegte „Klimavest“ der Commerzbank-Tochter Commerz Real. Die Wiesbadener waren mit ihrem Produkt, das hauptsächlich in Erneuerbare-Energien-Anlagen und entsprechende Infrastruktur investiert, nicht nur Pioniere. Sie hatten auch einen durchaus beachtlichen Vertriebserfolg: Etwa 1,7 Milliarden Euro beträgt das Fondsvolumen derzeit. Das ist zwar noch weit entfernt von den langfristig angepeilten zehn Milliarden Euro, entspricht aber immer noch rund der Hälfte des gesamten deutschen Eltif-Volumens.

Für Timo Werner, Fondsmanager des Klimavest, steht deshalb fest:

„Wir wollten mit der Auflage des Klimavest Sachwerte mit langfristigem Wertpotenzial für Privatanleger zugänglich und breit diversifiziert investierbar machen – und der ELTIF bot uns dafür den passenden regulatorischen Rahmen. Der Erfolg gibt uns Recht!“

Auf den Gesamtmarkt bezogen muss man allerdings konstatieren: Der Ur-Eltif ist seinen Erwartungen nicht gerecht geworden.

Damit wollte sich die Bundesregierung nicht zufriedengeben und hat 2021 im Rahmen des Fondsstandortgesetzes ein neues Vehikel geschaffen, das Offene Infrastruktur-Sondervermögen (OIS). Bitte nicht verwechseln: Mit dem derzeit diskutierten „Infrastruktur-Sondervermögen“ der Bundesregierung in Höhe von 500 Milliarden Euro – das eigentlich „Sonderschulden“ heißen müsste – hat das OIS nichts zu tun. Es ermöglicht Privatanlegern Investitionen in Infrastruktur-Assets und orientiert sich dabei bewusst – nicht nur dem Namen nach – am seit Jahrzehnten etablierten Offenen Immobilien-Sondervermögen, landläufig auch Offener Immobilienfonds (OIF) genannt.

Neben rechtlichen Detailfragen ragen zwei wesentliche Unterschiede zum damaligen Eltif heraus: Das OIS ist ein deutsches Vehikel und kann nicht so einfach europaweit vertrieben werden. Auch der Fondsstandort ist Deutschland, während man den Eltif überall in Europa (bevorzugt derzeit Luxemburg) auflegen kann. Und die Mindestanlagesumme entfällt, es sind sogar Sparpläne zum Beispiel ab 25 Euro im Monat möglich.

Auf diesen Zug ist KGAL – zusammen mit Universal Investment als Service-KVG – mit dem 2023 aufgelegten „Klimasubstanz“ aufgesprungen. Auch der Klimasubstanz richtet seine Anlagestrategie, wie der Name bereits verrät, in erster Linie auf Erneuerbare-Energien-Anlagen. Das Fondsvolumen beträgt derzeit etwa 10 Millionen Euro.

Michael Kohl, Bereichsleiter Offene Publikumsfonds bei KGAL, erklärt, warum man bei der Auflage des Fonds das OIS als Vehikel gewählt hat: Viele Investoren im Segment Erneuerbare Energien schätzten die Investition in konkrete Assets. Eltifs hingegen könnten auch in Private-Equity- oder Private-Debt-Strukturen investieren, die im Segment Erneuerbare Energien tätig sind. „Entsprechende Risiken dieser Assetklassen können damit auch im ELTIF vorhanden sein“, so Kohl. Das sei beim OIS ausgeschlossen. Zudem hebt er die fehlende fixe Mindestanlagesumme hervor und dass ein OIS grundsätzlich sparplanfähig aufgelegt werden könne. In Abgrenzung zu geschlossenen Fondsstrukturen habe ein Offenes Infrastruktur-Sondervermögen zudem kein festgelegtes Laufzeitende.

In der Zwischenzeit war auch der EU-Kommission aufgefallen, dass der Eltif in seiner bisherigen Form in einer Sackgasse steckt und reformbedürftig war. Der Eltif 2.0 startete Anfang 2024 als eine in wesentlichen Punkten grundlegend reformierte Neufassung. So wurde das mögliche Investment-Universum deutlich erweitert und flexibilisiert. Der Kern des Portfolios sollen nach wie vor illiquide Assets darstellen, doch der neue Eltif kann jetzt auch bis zu 45 Prozent in liquide Assets wie Wertpapiere investieren oder sogar über Dachfondskonstruktionen in weitere Fonds – vorausgesetzt, die Zielfonds investieren ihrerseits in Eltif-geeignete Assetklassen. Auch Laufzeiten und Liquiditäts- beziehungsweise Kündigungsregeln wurden flexibilisiert und den Fondsemittenten dabei weitgehend freie Hand gelassen. Und nicht zuletzt wurde die gesetzlich vorgegebene Mindestanlagesumme gestrichen. Hierbei kann der Fondsemittent bei Bedarf nunmehr ebenfalls eigene Regeln aufstellen.

Der Erfolg ließ zwar noch ein bisschen auf sich warten, auch weil einige regulatorische Detailfragen noch nicht geklärt waren und Vertriebsplattformen erst die notwendigen Prozesse implementieren mussten – was zum Teil bis heute andauert. Aber bereits im vergangenen Jahr beobachtete die Fonds-Ratingagentur Scope einen deutlichen Anstieg der Eltif-Emissionen auf 55 – etwa doppelt so viele wie im bisherigen Rekordjahr 2021. Allein 19 davon entfielen auf das vierte Quartal. Bis 2027 rechnen die Scope-Analysten mit einer Verdreifachung der Marktgröße.

Die neue Flexibilität des Eltif 2.0 nutzt auch Patrizia, die – ebenfalls mit Universal Investment als Service-KVG – in diesem Jahr ihren Publikums-Eltif „Patrizia Infrastructure Invest“ an den Start gebracht hat. Klaus Weber, Geschäftsführer von Patrizia Grundinvest, lobt vor allem, dass der Eltif Privatinvestoren „ein vielfältiges Portfolio aus verschiedenen Assets“ zugänglich mache:

„Neben Direktbeteiligungen an Infrastrukturanlagen sind auch außerbörsliche Beteiligungen an Unternehmen möglich, ebenso Kreditvergaben an solche Unternehmen. Schließlich kommen auch Anteile an Publikums- und Spezialfonds infrage.“

Das Spektrum sei breit und der Eltif biete seit seiner Reform mehr Flexibilität in der Gestaltung als andere Vehikel wie das OIS. „Das ist aus unserer Sicht der große Vorteil, neben der europaweiten Vertriebserlaubnis.“ Patrizia will mit ihrem Publikums-Eltif unter anderem in institutionelle Infrastruktur-Spezialfonds der Patrizia investieren, die ein breites Verständnis von Infrastruktur abdecken, von Erneuerbaren über Glasfaser- und Mobilfunknetze bis hin zu „Waste-to-Energy“ und urbaner Straßenbeleuchtung.

Auch bei Commerz Real erkennt man die Vorteile des Eltif 2.0 an. Damit seien das Rahmenwerk deutlich flexibilisiert und die Hürden für Anleger gesenkt worden, sagt Fondsmanager Timo Werner.

„Am Markt kommt das gut an, wie die bereits aufgelegten oder noch angekündigten neuen Produktangebote zeigen. Der Gesetzgeber hat hier an den richtigen Stellschrauben gedreht.“

Die größeren Freiheiten für die Produktanbieter könnten für mehr Vielfalt auf dem Markt sorgen. „Das bedeutet aber auch, dass Anleger genau hinschauen sollten, um was es sich bei dem konkreten Produkt handelt: Welche Vermögenswerte liegen der Struktur zugrunde und wie sieht die Erfolgsbilanz des Anbieters aus?“

Die Frage, ob eine Umstellung bereits bestehender Fondsstrukturen an das neue Eltif-Regime sinnvoll ist – etwa um neue Anlegerpotenziale zu erschließen – und wie das gelingen kann, ließ Werner allerdings offen. Man darf gespannt sein. Klar ist, dass dieser Markt mit der neuen Eltif-Struktur Fahrt aufgenommen und sich damit auch das Wettbewerbsumfeld deutlich belebt hat.

Doch was ist nun besser, das Offene Infrastruktur-Sondervermögen oder die neue Eltif-Struktur? Universal Investment hat als Service-KVG mit dem Klimasubstanz von KGAL sowohl die Auflage eines OIS als auch mit dem Patrizia Infrastructure Invest die eines Eltif 2.0 begleitet. Markus Bannwart, als Managing Director für Alternative Investments bei Universal zuständig, ist somit zu Neutralität verpflichtet.

Bannwart sieht vor allem zwei unterschiedliche Fondsstrukturen für jeweils völlig unterschiedliche Strukturierungs- und Vertriebspräferenzen.

„Der OIS hat eine regulatorisch klar vorgegebene Struktur, die an den fest etablierten Offenen Immobilienfonds erinnert. Das macht seine Auflage einfach und ist für die Anleger leicht verständlich und gut vermittelbar: Wie beim OIF in Immobilien wird beim OIS in Infrastruktur investiert. Darauf kam es KGAL bei der Fondsauflage an.“

Der Eltif wiederum habe ein breiteres und flexibleres Spektrum an Gestaltungs- und Anlagemöglichkeiten, so Bannwart. „Das ist komplexer und unter Umständen erklärungsbedürftiger für den Vertrieb, aber man hat eben mehr Gestaltungsspielraum. Das war Patrizia wichtig. Außerdem kann der Eltif europaweit vertrieben werden.“

Am Ende steht es wohl unentschieden. Die Marktdynamik spricht derzeit für den Eltif, der gerade richtig Fahrt aufnimmt. Klar ist aber auch, dass der Eltif kein Produkt von der Stange ist und sich Anleger und Vertriebspartner sehr genau ansehen müssen, was sich innerhalb dieser Hülle verbirgt. Der OIS hingegen ist standardisierter und einfacher verständlich. Doch wie bei jeder Investmentstruktur kommt es am Ende in erster Linie auf die Assets an und darauf, wer sie managt.

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