Niehage sagt ab: Solaris bleibt ohne klare Spitze – und ohne überzeugende neue Strategie

Frank Niehage verzichtet auf den Chefposten bei Solaris. Für das Berliner BaaS-Fintech verschärft sich damit die Führungskrise – Strategiewechsel und Eigentümervertrauen stehen auf dem Prüfstand.

Anja Amend

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Anja Amend

Veröffentlicht am

22.8.25

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12:30

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Niehage sagt ab: Solaris bleibt ohne klare Spitze – und ohne überzeugende neue Strategie

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Solarisbank

Die Berliner Solaris Bank-as-a-Service-Plattform kommt beim Führungswechsel nicht voran. Nach monatelangen Gesprächen hat Frank Niehage das Angebot, den Vorstandsvorsitz zu übernehmen, abgelehnt. Das berichtete zuerst das Handelsblatt.

Der frühere Flatexdegiro-Chef bestätigte seine Absage, weitere Details nannte er nicht. Solaris verweist auf Prinzipien der Zurückhaltung: „Wir äußern uns grundsätzlich nicht zu Gerüchten oder Spekulationen.“ Der amtierende Vorstand ist bis Ende 2026 bestellt – eine Verstärkung des Gremiums war angekündigt, eine Nachfolge jedoch nicht.

Eigentümervertrauen bröckelt – Kurswechsel bleibt aus

Für Solaris ist die Personalie mehr als ein Rückschlag im Recruiting. In Finanzkreisen gilt das Vertrauen des Mehrheitsgesellschafters SBI in die derzeitige Führung als beschädigt. Dem Vernehmen nach traut der Investor dem Team um CEO Carsten Höltkemeyer keinen echten Neustart zu. Dabei gilt ein solcher als überfällig: Der erklärte Fokuswechsel – weg von kleineren Fintech-Partnern, hin zu etablierten Unternehmen – hat bislang keine tragfähige Profitabilität hervorgebracht.

Solaris’ Geschäftsmodell, anderen Anbietern die Nutzung der Banklizenz sowie Kreditkarten- und Zahlungsservices bereitzustellen, bleibt zwar intakt. Doch ohne belastbares Wachstumsprofil im margenstärkeren Corporate-Segment droht die Erzählung vom skalierten Plattformgeschäft zu erodieren – gerade in einem Umfeld strengerer Aufsicht und höherer Anforderungen an Compliance und Risiken.

Führung unter Druck – und ein seltener Einblick in die Belastung

Wie sehr die Lage an den Nerven zehrt, hatte Höltkemeyer im April ungewöhnlich offen geschildert: „Wir hatten zwei oder drei sehr ernste Situationen in unserem Unternehmen, in denen ich tatsächlich an meiner Grenze war“, berichtete er auf dem Fintech-Event Fibe. Es habe „sehr schlaflosen Nächten“ gegeben, und er habe „mehrmals“ bereut, den Job übernommen zu haben. Diese Aussagen setzen die Governance-Debatte zusätzlich unter Spannung – und erschweren die Suche nach einem externen Stabilitätsanker an der Spitze.

Offene Flanke bei der Nachfolge – und ein drastischer Bewertungsabrieb

Ob Solaris bis zum Vertragsende Höltkemeyers weitermacht oder vorzeitig einen neuen Vorstandschef präsentiert, ist offen. Weder Solaris noch SBI gaben dazu Auskunft. Klar ist nur: Die Finanzierungsrunde zu Jahresbeginn über 140 Mio. Euro erfolgte zu deutlich niedrigeren Konditionen – die Bewertung fiel von vormals 1,6 Mrd. Euro auf unter 100 Mio. Euro. Das verschärft den Druck, dem Markt rasch zu zeigen, dass das BaaS-Modell auch mit größeren Unternehmenskunden belastbar und profitabel skaliert.

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